Die Extrapolation thermodynamischer Daten von idealisierten Standardzuständen (siehe nachfolgender Abschnitt) zu realen Bedingungen und umgekehrt führt zu durchaus signifikanten Änderungen z.B. in der Größe von Gleichgewichtskonstanten. Die Ionenstärke wässriger Lösungen (Salzfracht) kann insbesondere bei höhergeladenen ionischen Spezies deren Stabilitätsbereich drastisch ändern. Ähnliches gilt für feste Lösungen (Mischkristalle) und reale Gase. Hierfür sind jeweils spezielle Aktivitätsmodelle verfügbar. Die ersten beiden Anwendungsfälle (hochkonzentrierte Lösungen und Mischkristalle) werden hier näher beschrieben.
Für die Modellierung von realen Löslichkeiten fester oder gasförmiger Stoffe in der wässrigen Phase bzw. der aquatischen Speziation stehen eine Anzahl von Aktivitätsmodellen in der Literatur zur Verfügung. Deren Anwendung hängt neben der Verfügbarkeit konsistenter Datensätze für das jeweilige Modell hauptsächlich von der Ionenstärke der wässrigen Lösung ab. Die in den Aktivitätsmodellen genutzten Aktivitätskoeffizienten (γ) geben dabei den mathematischen Zusammenhang zwischen der Konzentration (c) eines Analyten (i) und seiner messbaren Aktivität (α) an.
αi = γi · ci
Die am häufigsten verwendeten Aktivitätsmodelle für Elektrolytlösungen (jeweils mit ihrer oberen Anwendungsgrenze bezüglich Ionenstärke) sind, wobei auf die letzten beiden Ansätze im weiteren Verlauf noch detaillierter eingegangen wird:
Chemische Speziationsrechnungen gehen in der Regel von der idealisierten Vorstellung reiner Festphasen aus. Deren Existenz ist jedoch in der Realität die Ausnahme, im Regelfall werden feste Lösungen (Solid Solutions, Mischkristalle) mit variablen Zusammensetzungen gebildet. Typische Beispiele sind Radiobaryt (Ba,RaSO4), Olivine, Feldspäte , Pyroxene, Amphibole, Zement- oder Tonmineral-Phasen, oder auch Legierungen. Diese Phasen können durch ideale oder nicht-ideale Modelle thermodynamisch charakterisiert werden. Geläufige Solid-Solution-Modelle sind:
Problematisch ist die unterschiedliche konkrete Implementierung verschiedener Wechselwirkungen – wie in diesem Falle der Modelle fester Lösungen – in den geochemischen Rechencodes. So sind z.B. in den oben bereits genannten Codes PHREEQC, Geochemist’s Workbench und GEMS mehrere (nicht immer identische) Solid-Solution-Modelle implementiert und können mit den zugehörigen Daten angewandt werden. Die Codes unterscheiden sich zusätzlich in der Anzahl der Endglieder der festen Lösungen. In Geochemist’s Workbench können aktuell nur feste Lösungen mit zwei Endgliedern verarbeitet werden. In GEMS und PHREEQC sind beliebig viele Endglieder einsetzbar. Dies würde bei Verwendung der Daten zu unterschiedlichen Rechenergebnissen oder u.U. zu einem Abbruch der Modellierungsrechnung führen.
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